Rede von Premierministerin Theresa May zur zukünftigen Wirtschaftspartnerschaft des Vereinigten Königreichs mit der Europäischen Union
Rede von Premierministerin Theresa May zur zukünftigen Wirtschaftspartnerschaft des Vereinigten Königreichs mit der Europäischen Union im Mansion House, London
Ich bin dem Lord Mayor und seinen Mitarbeitern im Mansion House dankbar dafür, dass wir heute Nachmittag bei ihnen zu Gast sein dürfen.
Bevor ich mit der Rede beginne, möchte ich mir angesichts des schlechten Wetters einen Moment Zeit nehmen und allen in unserem Land danken, die sich in besonderer Weise bemüht haben, Menschen in dieser Situation zu helfen.
Ich denke an unsere Rettungsdienste und Soldaten, die sich um die Sicherheit der Menschen kümmern; unsere NHS-Mitarbeiter, Pflegekräfte und alle, die die öffentlichen Dienstleistungen in Gang halten; und die vielen freiwilligen Helfer, die ihre Zeit opfern, um Menschen in Not zu helfen.
Ihr Beitrag macht unser Land zu dem, was es ist, und wir wissen ihn in Zeiten wie diesen besonders zu schätzen.
Fünf Kriterien
Ich bin heute hier, um meine Vision für die zukünftige Wirtschaftspartnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union zu erläutern.
In der Debatte darüber, wie unser neues Verhältnis zur EU aussehen sollte, hat es viele verschiedene Wortmeldungen gegeben. Ich habe allen aufmerksam zugehört.
Aber wenn wir jetzt unseren weiteren Kurs mit der EU abstecken, möchte ich doch kurz innehalten und zurückblicken.
Vor achtzehn Monaten stand ich in der Downing Street und sprach zum ersten Mal als Premierministerin zur Nation.
Damals habe ich den Bürgern, denen ich diene, folgendes Versprechen gegeben:
Ich weiß, dass Sie rund um die Uhr arbeiten, ich weiß, dass Sie Ihr Bestes geben, und ich weiß, dass das Leben manchmal hart sein kann.
Die Regierung, die ich führe, wird nicht von den Interessen weniger Privilegierter geleitet werden, sondern von Ihren Interessen.
Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Ihnen mehr Kontrolle über Ihr Leben zu geben.
Wenn wir die großen Entscheidungen treffen, werden wir nicht an die Mächtigen denken, sondern an Sie.
Wenn wir neue Gesetze verabschieden, werden wir nicht an die Einflussreichen denken, sondern an Sie.
Wenn es um Steuern geht, werden wir nicht die Wohlhabenden bevorzugen, sondern Sie.
Wenn es um Chancen geht, werden wir nicht die Vorteile der wenigen Glücklichen weiter festigen.
Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um jedem Einzelnen zu helfen, damit Sie, was auch immer Ihr Hintergrund ist, Ihr Potenzial voll ausschöpfen können.
Dies ist ein wichtiger Moment in der Geschichte unseres Landes. Während wir die Europäische Union verlassen, werden wir uns eine kühne neue positive Rolle in der Welt schaffen, und wir werden Großbritannien zu einem Land machen, das nicht etwa wenigen Privilegierten gerecht wird, sondern jedem Einzelnen von uns.
Dieses Versprechen, das ich den Bürgern unseres Vereinigten Königreichs gegeben habe, ist die Richtschnur meines Handels in unseren Verhandlungen mit der EU.
Und das bedeutet für mich fünf Dinge: Erstens muss das Abkommen, das wir mit der EU schließen, das Referendum respektieren. Es war ein Votum, mit dem wir die Kontrolle über unsere Grenzen, unsere Gesetze und unser Geld bekommen wollten. Und ein Votum für einen umfassenderen Wandel, damit kein Teil der Bevölkerung in Großbritannien je wieder abgehängt würde. Aber es war kein Votum für eine distanzierte Beziehung zu unseren Nachbarn.
Zweitens muss das neue Abkommen, das wir mit der EU schließen, belastbar sein. Nach dem Brexit wollen sowohl das Vereinigte Königreich wie auch die EU darangehen, ihren Bürgern eine bessere Zukunft zu sichern, und nicht wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren müssen, weil etwas fehlgeschlagen ist.
Drittens muss es die Arbeitsplätze und die Menschen selbst schützen. Die Bürger des Vereinigten Königreichs haben für ein neues, anderes Verhältnis unseres Landes zu Europa gestimmt, aber auch wenn sich die Mittel ändern könnten, haben sich die gemeinsamen Ziele sicher nicht geändert: zusammenarbeiten, damit die Wirtschaft unserer Länder wächst und unsere Bürger in Sicherheit leben können.
Viertens muss es mit dem Land vereinbar sein, das wir bei unserem Austritt sein wollen: eine moderne, offene, nach außen orientierte, tolerante europäische Demokratie. Eine Nation von Pionieren, Innovateuren, Forschern und Schöpfern. Ein Land, das seine Geschichte und Vielfalt feiert, das sich seiner Rolle in der Welt sicher ist; das seinen Verpflichtungen gegenüber seinen nahen Nachbarn und fernen Freunden gerecht wird und mit Stolz für seine Werte einsteht.
Und bei all dem muss es, fünftens, unsere Union der Nationen und die Gemeinschaft unserer Menschen stärken.
Wir müssen unser Land wieder zusammenbringen, und wir müssen die Ansichten aller berücksichtigen, denen diese Frage wichtig ist, auf beiden Seiten der Debatte. Als Premierministerin ist es meine Pflicht, das gesamte Vereinigte Königreich zu vertreten – England, Schottland, Wales und Nordirland; Nord und Süd, die Küstenorte und Dörfer auf dem Land ebenso wie die großen Städte.
Das also sind die fünf Kriterien für das Abkommen, das wir aushandeln werden.
Die Entscheidung des britischen Volkes umsetzen; eine dauerhafte Lösung finden; unsere Sicherheit und unseren Wohlstand schützen; ein Ergebnis erzielen, das unserem Selbstverständnis als Land entspricht; und unser Land zusammenbringen, die kostbare Union aller unserer Bürger stärken.
Ein entscheidender Moment
Wir nähern uns einem entscheidenden Moment.
Die Komplexität der vor uns liegenden Aufgabe steht außer Frage. Wir müssen nicht nur unseren Austritt aus einer Organisation aushandeln, die so viele wichtige Bereiche unseres nationalen Lebens berührt. Wir müssen auch eine neue und dauerhafte Beziehung aushandeln, und uns gleichzeitig angesichts der Unsicherheit, die mit diesen Verhandlungen verbunden ist, auf jedes Szenario vorbereiten.
Aber wir kommen gut voran.
Ende letzten Jahres haben wir uns auf die Eckpunkte unseres Austritts geeinigt.
Wir sind jetzt dabei, diese Vereinbarung in den Entwurf eines Vertragstexts umzuwandeln. Wir haben schon deutlich gemacht, welche Probleme wir mit dem ersten Entwurf haben, den die Kommission am Mittwoch veröffentlicht hat, aber niemand sollte Zweifel daran haben, dass wir zu dem Gemeinsamen Bericht stehen, auf den wir uns im Dezember geeinigt haben.
Wir sind nahe daran, uns auf die Bedingungen eines Umsetzungszeitraums zu einigen, ein zentraler Teil der Vereinbarung vom Dezember.
Natürlich gibt es noch einige Streitpunkte, aber ich bin zuversichtlich, dass sie in nächster Zeit beigelegt werden können.
Sowohl für Großbritannien als auch die EU steht fest, dass dieser Umsetzungszeitraum zeitlich befristet sein muss und nicht zu einer Dauerlösung werden darf. Aber es ist sehr wichtig, dass wir den Regierungen, Unternehmen und Bürgern auf beiden Seiten die Zeit geben, die sie benötigen, um sich auf das neue Verhältnis vorzubereiten.
Nachdem das geklärt ist, möchte ich, dass sich beide Seiten mit ganzer Aufmerksamkeit und Kraft auf dieses neue Verhältnis konzentrieren.
Aber vorher müssen wir noch genauer erklären, was für ein Verhältnis wir uns vorstellen, wobei ich auf meine Reden im Lancaster House und in Florenz anknüpfen möchte.
Im vergangenen Monat habe ich in München über die Sicherheitspartnerschaft gesprochen, die wir anstreben.
Und heute möchte ich über die andere Säule dieses Verhältnisses sprechen: die Gestaltung unserer Wirtschaftspartnerschaft.
Vorhandene Modelle taugen nicht
In meiner Florenzer Rede habe ich dargelegt, warum die vorhandenen Modelle für eine Wirtschaftspartnerschaft entweder unserem Anspruch nicht gerecht werden oder unserer Demokratie untragbare Zwänge auferlegen würden.
Das norwegische Modell zum Beispiel, bei dem wir im Binnenmarkt bleiben würden, hätte zur Folge, dass wir neues EU-Recht automatisch und in seiner Gesamtheit übernehmen müssten – und es würde auch eine Fortsetzung der Freizügigkeit bedeuten.
Andere haben vorgeschlagen, wir könnten ein Freihandelsabkommen aushandeln, das dem ähnlich ist, welches Kanada unlängst mit der EU vereinbart hat, oder unseren Handel nach den Bedingungen der Welthandelsorganisation treiben.
Bei diesen Optionen hätten wir jedoch einen viel geringeren gegenseitigen Marktzugang als gegenwärtig.
Und wir hätten Zoll- und regulatorische Kontrollen an der Grenze, die die integrierten Lieferketten, von denen unsere Wirtschaft abhängt, stören würden und die mit den Zusagen unvereinbar wären, die wir und die EU in Bezug auf Nordirland gegeben haben.
Dies ist ein größeres Thema in unseren Verhandlungen, auf das ich kurz eingehen will.
Aufeinander folgende britische Regierungen haben sich – zusammen mit allen Parteien in Nordirland und mit der irischen Regierung – unermüdlich für die historische Errungenschaft des Friedens engagiert.
Es ist eine Errungenschaft, auf die wir alle stolz sein sollten und die wir schützen sollten. Deshalb habe ich die Aufrechterhaltung des Abkommens von Belfast immer ins Zentrum der britischen Politik gestellt.
Unser Austritt aus der EU stellt Nordirland und Irland vor besondere Herausforderungen. Vor 45 Jahren sind wir zusammen in die EU eingetreten. Es überrascht nicht, dass unsere Austrittsentscheidung Ängste geweckt und den Wunsch nach konkreten Lösungen begründet hat.
Wir haben stets klargemacht, dass wir nicht zurück zu einer harten Grenze in Irland wollen. Wir haben jegliche physische Grenzinfrastruktur und damit verbundene Kontrollen ausgeschlossen.
Aber wir können uns nicht damit begnügen zu sagen: „Wir werden keine harte Grenze einführen; wenn die EU Irland dazu zwingt, dann ist es ihr Problem“. Wir haben beschlossen auszutreten; wir haben eine Verantwortung, bei der Suche nach einer Lösung behilflich zu sein.
Aber wir können das nicht allein bewerkstelligen. Es liegt an uns allen zusammenzuarbeiten.
Und der irische Premierminister und ich haben bei unserem jüngsten Treffen verabredet, dass unsere Teams und die Kommission jetzt genau das tun sollten.
Noch ein letzter Punkt. Genauso, wie ein Zurück zu einer harten Grenze zwischen Nordirland und Irland inakzeptabel wäre, wäre es auch inakzeptabel, den gemeinsamen Markt des Vereinigten Königreichs aufzubrechen, indem wir eine zollrechtliche und regulatorische Grenze in der Irischen See errichten würden.
Hierfür stehe ich persönlich ein.
Als Premierministerin des gesamten Vereinigten Königreichs werde ich es nicht zulassen, dass unser Ausscheiden aus der Europäischen Union den historischen Fortschritt, den wir in Irland gemacht haben, zurückwirft – aber ich werde auch nichts zulassen, das die Integrität unserer kostbaren Union beeinträchtigen würde.
Den Realitäten ins Auge sehen
Vorhandene Modelle geben also nicht den besten Weg vor, weder für Großbritannien noch für die EU. Bevor ich jedoch darauf zu sprechen komme, wie ein neues und besseres Modell aussehen könnte, möchte ich mit den Bürgern offen reden, denn Fakt ist, dass wir einigen nüchternen Tatsachen ins Auge sehen müssen.
Wir verlassen den Binnenmarkt. Das Leben wird sich ändern. In mancher Hinsicht wird der gegenseitige Zugang zu unseren Märkten geringer sein als jetzt. Wie könnte das Gebäude von Rechten und Pflichten der EU aufrechterhalten werden, wenn das Vereinigte Königreich – oder ein anderes Land – alle Vorteile genießen dürfte, ohne auch die Pflichten zu haben?
Deshalb müssen wir ein neues Gleichgewicht finden. Aber wir werden nicht die Rechte von Kanada und die Pflichten von Norwegen akzeptieren.
Die zweite nüchterne Tatsache ist, dass das EU-Recht und die Entscheidungen des EuGH uns auch nachdem wir die Jurisdiktion des EuGH verlassen haben weiter betreffen werden.
Es fängt schon damit an, dass der EuGH entscheidet, ob Abkommen, die die EU geschlossen hat, mit dem eigenen Recht der EU vereinbar sind – die USA musste das feststellen, als der EuGH den Safe-Harbor-Rahmen für den Austausch von Daten für ungültig erkannte.
Wenn wir die EU verlassen, wird das neue Austrittsgesetz EU-Recht in britisches Recht überführen. Damit werden Klagen in unseren eigenen Gerichten entschieden werden. Aber wo angebracht, werden unsere Gerichte auch auf die Urteile des EuGH schauen, wie sie es schon in Bezug auf die jeweilige Rechtsprechung der Gerichte anderer Länder tun.
Und wenn das Parlament im Rahmen unserer zukünftigen Partnerschaft ein Gesetz verabschiedet, das identisch mit einem Gesetz der EU ist, könnte es sinnvoll sein, dass unsere Gerichte sich die entsprechenden EuGH-Urteile anschauen, damit wir diese Gesetze übereinstimmend interpretieren.
Wenn wir uns auf eine weitere Beteiligung Großbritanniens an einer EU-Agentur verständigen, müsste Großbritannien, wie ich in München gesagt habe, den Auftrag des EuGH in diesem Bereich respektieren.
In Zukunft jedoch werden die EU-Verträge und folglich auch das EU-Recht im Vereinigten Königreich nicht mehr gelten. Das Abkommen, das wir schließen, muss daher die Souveränität der Rechtsordnungen sowohl des Vereinigten Königreichs wie auch der EU respektieren. Das bedeutet, dass die Zuständigkeit des EuGH im Vereinigten Königreich enden muss. Es bedeutet auch, dass bei Streitigkeiten über unsere zukünftige Partnerschaft letztlich nicht das Gericht der einen oder anderen Partei Schiedsrichter sein kann.
Die nächste nüchterne Tatsache ist diese: Wenn wir einen guten Zugang zu den Märkten der anderen Seite haben wollen, müssen faire Bedingungen gelten. Genau wie bei jedem Handelsabkommen müssen wir die Notwendigkeit verbindlicher Zusagen akzeptieren – so könnten wir zum Beispiel beschließen, dass Regelungen in bestimmten Bereichen wie der Beihilfe- und Wettbewerbspolitik im Einklang mit denen der EU bleiben müssen.
Großbritannien war eine treibende Kraft bei einem großen Teil der Politik in diesem Bereich, und wir können viel profitieren, wenn wir Subventionen und wettbewerbswidrige Praktiken angemessen in Schach halten.
Außerdem teilen wir, wie ich in Florenz gesagt habe, die gleichen grundlegenden Überzeugungen: den Glauben an den Freihandel, einen rigorosen und fairen Wettbewerb, starke Verbraucherrechte, und dass es ein schwerer Fehler ist, die Wirtschaft anderer Länder durch eine unfaire Subventionierung der eigenen ausstechen zu wollen.
Und in anderen Bereichen wie den Arbeitnehmerrechten oder der Umweltpolitik sollte die EU darauf vertrauen, dass wir bei den Standards und Garantien, die wir einführen werden, keinen Abwärts-Wettlauf eingehen werden. Es gibt im Vereinigten Königreich keine ernst zu nehmende Gruppe, die so etwas unterstützen würde – ganz im Gegenteil.
Schließlich müssen wir die Unstimmigkeiten auflösen, die zwischen einigen unserer großen Ziele bestehen.
Wir wollen die Freiheit haben, Handelsabkommen mit anderen Ländern der Welt auszuhandeln. Wir wollen die Kontrolle über unsere Gesetze zurückgewinnen. Wir wollen auch eine möglichst reibungslose Grenze zwischen uns und der EU – damit wir die integrierten Lieferketten, von denen unsere Industrien abhängen, nicht stören und damit keine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland entsteht.
Aber es gibt auch Unstimmigkeiten in der Position der EU – und einige nüchterne Realitäten, mit denen sie sich auseinandersetzen muss.
Die Kommission hat erklärt, die einzige Option, die für das Vereinigte Königreich in Frage käme, sei ein Modell „von der Stange“.
Gleichzeitig hat sie gesagt, dass in bestimmten Bereichen keines der Abkommen der EU mit Drittstaaten das passende sei.
Und die Leitlinien des Europäischen Rates sehen ein ausgewogenes, ambitioniertes und breit angelegtes Abkommen vor, mit gemeinsamen Regeln in einigen Bereichen, die einen fairen und offenen Wettbewerb gewährleisten.
Dies würde durch ein Abkommen nach dem Kanada-Modell nicht erreicht – es würde ihr keinen so breiten und tiefen Marktzugang gewähren, wie sie ihn anstrebt.
Und es dürfte kaum im Interesse der EU liegen, wenn Großbritanniens Regulierungsstandards so sehr von den ihren abweichen würden wie die Kanadas.
Schließlich müssen wir beide der Tatsache ins Auge sehen, dass dies Verhandlungen sind und keiner genau das bekommen kann, was er will.
Die zukünftige Wirtschaftspartnerschaft
Ich bin aber zuversichtlich, dass wir zu einer Einigung gelangen können.
Wir beide wollen einen guten Zugang zu den Märkten der anderen; wir wollen, dass der Wettbewerb zwischen uns fair und offen ist; und wir wollen verlässliche, transparente Möglichkeiten zu kontrollieren, ob wir unsere Verpflichtungen erfüllen, und Streitigkeiten beizulegen.
Fest steht jedoch: damit wir beide unsere Ziele erreichen können, müssen wir über die bisherigen Modelle hinausschauen und ein neues Verhältnis festlegen.
Genau wie bei der Sicherheit strebe ich ein Verhältnis an, welches über ein rein geschäftliches hinausgeht und bei dem wir unsere Interessen gegenseitig unterstützen.
Ich möchte also eine möglichst breite und tiefe Partnerschaft – die sich auf mehr Sektoren erstreckt und eine umfassendere Zusammenarbeit vorsieht als jedes Freihandelsabkommen, das es heute irgendwo auf der Welt gibt. Und wie ich gleich darlegen werde, brauchen wir auch Abkommen für bestimmten Bereiche aus der gesamten Bandbreite unseres Verhältnisses.
Ich halte das für erreichbar, weil es im Interesse der EU ebenso wie in unserem Interesse ist.
Die EU ist der größte Markt des Vereinigten Königreich – und natürlich ist das Vereinigte Königreich auch ein großer Markt für die EU. Außerdem haben wir eine einmalige Ausgangslage, da wir am Tag eins die gleichen Gesetze und Vorschriften haben werden.
Anstatt zwei unterschiedliche Systeme einander näher zu bringen, besteht unsere Aufgabe also darin, unsere Beziehungen für die Zeit zu regeln, wenn wir getrennte Rechtssysteme sind.
Hierfür und um unsere ehrgeizigen Ziele zu verwirklichen, gibt es fünf Grundprinzipien, die für unsere Handelsbeziehung gelten müssen.
Erstens bedarf unser Abkommen gegenseitiger verbindlicher Zusagen, die einen fairen und offenen Wettbewerb garantieren.
Solche Vereinbarungen sind ein wesentlicher Bestandteil jedes Handelsabkommens. Warum sollte sich ein Land sonst auf eine privilegierte Wirtschaftspartnerschaft einlassen, wenn es keine Rechtsmittel einsetzen könnte, falls die andere Partei zu wettbewerbswidrigen Praktiken greifen würde?
Aber aufgrund des Niveaus der Integration zwischen dem britischen und den EU-Märkten und unserer geographischen Nähe werden diese gegenseitigen Zusagen besonders wichtig sein um sicherzustellen, dass britische Unternehmen zu fairen Bedingungen auf EU-Märkten konkurrieren können und umgekehrt.
Ein tiefes und umfassendes Abkommen mit der EU wird daher Verpflichtungen enthalten müssen, die das Ausmaß der Verflechtung der britischen und der EU-Wirtschaft widerspiegeln.
Zweitens benötigen wir einen Schiedsmechanismus, der absolut unabhängig ist – wie er bei Freihandelsabkommen ebenfalls gängige Praxis ist.
Dieser wird gewährleisten, dass etwaige Meinungsverschiedenheiten über den Zweck oder den Geltungsbereich des Abkommens fair und zügig beigelegt werden können.
Drittens benötigen wir mit Blick auf das von uns angestrebte enge Verhältnis einen kontinuierlichen Dialog mit der EU, und wir müssen dafür sorgen, dass wir die Möglichkeit haben, einander regelmäßig zu konsultieren.
Insbesondere wollen wir gewährleisten, dass unsere Regulierungsbehörden weiter zusammenarbeiten, wie sie es auch mit Regulierungsbehörden auf internationaler Ebene tun. Das ist eine zentrale Voraussetzung, sei es, damit neue Medikamente schnell zu den Patienten gelangen oder um die Finanzstabilität zu sichern. Die Ausgangslage, von der wir starten, sind die intensiven, langjährigen Beziehungen zwischen unseren Regulierungsbehörden. Es gilt also, dieses Vertrauen zu erhalten, wir müssen es nicht erst aufbauen.
Viertens brauchen wir eine Regelung für den Datenschutz.
Dieses Argument habe ich in München im Zusammenhang mit unserer sicherheitspolitischen Beziehung vorgetragen. Aber der freie Fluss von Daten ist auch für jede moderne Handelsbeziehung für beide Seiten von kritischer Bedeutung. Die Datenschutzstandards des Vereinigten Königreichs sind außerordentlich hoch. Und wir wollen ein Abkommen mit der EU schließen, das für die nötige Stabilität und das nötige Vertrauen bei Unternehmen und Privatpersonen aus der EU und dem Vereinigten Königreich sorgt, damit wir unser Ziel erreichen und die starken handels- und wirtschaftspolitischen Verbindungen Großbritanniens zur EU aufrechterhalten und weiterentwickeln können.
Deshalb streben wir mehr an als eine bloße Angemessenheitsregelung und wünschen uns, dass das Information Commissioner’s Office des Vereinigten Königreichs auch künftig eine Rolle übernimmt. Dadurch würde eine wirksame Vertretung britischer Unternehmen bei dem neuen EU-Mechanismus einer einzigen Anlaufstelle für die Schlichtung von Datenschutzstreitigkeiten sichergestellt.
Und fünftens müssen wir die Verbindungen auf der Ebene der Menschen aufrechterhalten.
EU-Bürger sind ein integraler Bestandteil des wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Gefüges unseres Landes. Ich weiß, dass britische Bürger in der Bevölkerung in anderen EU-Ländern genauso gesehen werden. Und deshalb habe ich in jeder Phase dieser Verhandlungen die Interessen der EU-Bürger und der britischen Staatsbürger ins Zentrum meiner Politik gestellt.
Wir sagen klar, dass die Personenfreizügigkeit mit unserem Austritt aus der EU zu Ende gehen wird und wir die Zahl der Menschen, die in unser Land kommen, um hier zu leben, kontrollieren werden.
Britische Bürger werden jedoch immer noch in EU-Ländern arbeiten und studieren wollen, genau wie EU-Bürger bei uns, womit sie einen Beitrag leisten zur Gestaltung und Förderung des Wachstums, der Innovation und der unternehmerischen Initiative. Unternehmen in der EU und im Vereinigten Königreich müssen durchaus in der Lage sein, die Leute, die sie benötigen, anzuwerben und zu beschäftigen. Und wir sind offen für Gespräche darüber, wie wir die Voraussetzungen für diese wertvollen Verbindungen schaffen können.
Gegenseitige Verpflichtungen auf einen fairen und offenen Wettbewerb, ein unabhängiger Schiedsmechanismus, kontinuierlicher Dialog, Vereinbarungen zum Datenschutz und Erhaltung der Kontakte zwischen den Menschen. Das sind die Prinzipien, die unseren Ambitionen für eine einzigartige Partnerschaft, wie es sie noch nie gegeben hat, zugrunde liegen.
Diese muss dann auch auf die Anforderungen unserer Wirtschaft zugeschnitten sein.
Ein solches Vorgehen entspricht demjenigen, das die EU bisher bei ihren Handelsabkommen angewandt hat – und auch bei der Entwicklung ihres eigenen Binnenmarkts.
Das Abkommen der EU mit der Ukraine sieht eine Rechtsangleichung mit der EU in manchen Bereichen vor, in anderen aber nicht. Das EU-Abkommen mit Südkorea enthält Bestimmungen zur gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen neuer Kfz-Modelle, während das Abkommen mit Kanada es nicht tut. Andererseits enthält das Abkommen der EU mit Kanada Bestimmungen zur gegenseitigen Anerkennung von Prüfverfahren für Maschinen, das Abkommen mit Südkorea aber nicht.
Auch die EU setzt bei dem, was sie mit Großbritannien zu erreichen sucht, auf maßgeschneiderte Lösungen, zu Recht. In der Fischereipolitik hat die Kommission beispielsweise klar gesagt, dass es für den Zugang, den sie sich von Großbritannien wünscht, keine Vorbilder gibt.
Tatsache ist, dass jedes Freihandelsabkommen je nach den Interessen der jeweiligen Länder einen anderen Marktzugang vorsieht. Wenn das Rosinenpickerei ist, dann ist jedes Handelsabkommen Rosinenpickerei.
Außerdem gewährt die EU allen ihren Nachbarländern ein unterschiedliches Maß von Zugang zum Binnenmarkt, je nach den Verpflichtungen, die diese Nachbarn einzugehen bereit sind.
Rosinenpickerei wäre es, wenn wir uns um ein Abkommen bemühen würden, bei dem unsere Rechte und Pflichten nicht in einem ausgewogenen Verhältnis stehen würden.
Und ich habe kategorisch gesagt, dass wir das nicht tun.
Ich denke, es ist ein Gebot der Vernunft, dass wir zusammenarbeiten, um das beste Ergebnis für beide Seiten zu bekommen.
Waren
Lassen Sie mich damit beginnen, wie wir dies im Warenverkehr handhaben wollen.
Das ist der Bereich, in dem der Binnenmarkt am weitesten realisiert ist, und das Vereinigte Königreich und die EU haben beide ein starkes Interesse daran, die integrierten Lieferketten, die wir im Laufe der 40 Jahre unserer Mitgliedschaft aufgebaut haben, zu erhalten.
Was Waren angeht, sollte es ein wesentlicher Grundsatz unserer Verhandlungsstrategie sein, dass der Warenverkehr an der Grenze zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU so reibungslos wie möglich vonstatten gehen sollte.
Das heißt, wir wollen nicht, dass irgendwelche Zölle oder Quoten eingeführt werden. Und wie der Minister für den Austritt aus der Europäischen Union in der vergangenen Woche in seiner Rede in Wien schon dargelegt hat, müssen wir sicherstellen, dass Produkte für den Nachweis, dass sie den geforderten regulatorischen Standards entsprechen, künftig genauso wie bisher nur eine einzige Reihe von Zulassungsverfahren in einem einzigen Land durchlaufen müssen.
Um das zu erreichen, werden wir ein umfassendes System gegenseitiger Anerkennung brauchen.
Das Vereinigte Königreich wird dazu eine starke Zusage machen müssen, dass seine Regulierungsstandards genau so hoch bleiben werden wie die der EU. Diese Zusage wird in der Praxis bedeuten, dass die Regulierungsstandards des Vereinigten Königreichs und der EU auch in Zukunft im Wesentlichen ähnlich bleiben werden.
Viele dieser Regulierungsstandards werden ja auch von internationalen Standards untermauert, die von Nicht-EU-Organen festgelegt werden, denen wir auch künftig angehören werden – so z.B. die UN-Wirtschaftskommission für Europa, die Sicherheitsnormen für Fahrzeuge festsetzt. Länder in aller Welt sind an dieser Vereinbarung beteiligt, darunter die Türkei, Südafrika, Südkorea, Japan und Russland.
Wie ich schon in meiner Rede in Florenz gesagt habe, kann das auf verschiedene Weise erreicht werden.
Unser Default-Konzept ist, dass britisches Recht nicht zwangsläufig identisch mit dem EU-Recht sein muss, dass es aber zu denselben Ergebnissen führen sollte. In manchen Fällen entscheidet sich unser Parlament vielleicht dafür, ein identisches Gesetz zu erlassen – Unternehmen, die in die EU exportieren, haben uns gesagt, dass es sehr in ihrem Interesse ist, ein einheitliches System von Regulierungsstandards zu haben, das es ihnen ermöglicht, auf dem britischen wie auch auf dem EU-Markt zu verkaufen.
Sollte sich das Parlament dann dagegen entscheiden, dieselben Ergebnisse zu erreichen wie das EU-Recht, täte es dies in dem Bewusstsein, dass das Konsequenzen für unseren Marktzugang haben könnte.
Und es wird einen unabhängigen Mechanismus geben müssen, mit dem diese Vereinbarungen überwacht werden.
Wir werden auch mit der EU ausloten, unter welchen Bedingungen das Vereinigte Königreich Teil von EU-Agenturen bleiben könnte, wie z.B. derjenigen, die wesentlich sind für die chemische, die pharmazeutische und die Luft- und Raumfahrtindustrie: die Europäische Arzneimittel-Agentur, die Europäische Agentur für chemische Stoffe und die Europäische Agentur für Flugsicherheit.
Selbstverständlich würden wir akzeptieren, dass dies bedeuten würde, die Regeln dieser Agenturen einzuhalten und einen angemessenen finanziellen Beitrag zu leisten.
Ich möchte einmal erläutern, welchen möglichen Nutzen ich in dieser Herangehensweise sehe, für uns ebenso wie für die EU.
Erstens ist eine assoziierte Mitgliedschaft in diesen Agenturen der einzige Weg, um unser Ziel zu erreichen, zu gewährleisten, dass die jeweiligen Produkte nur eine einzige Serie von Zulassungsverfahren in einem einzigen Land durchlaufen müssen.
Zweitens spielen diese Agenturen eine entscheidende Rolle bei der Festlegung und Durchsetzung der entsprechenden Regeln. Und wenn wir eine assoziierte Mitgliedschaft aushandeln könnten, würde das garantieren, dass wir auch weiterhin unser technisches Fachwissen einbringen können.
Drittens könnte eine assoziierte Mitgliedschaft es britischen Firmen ermöglichen, bestimmte Streitfälle, die in den Bereich dieser Agenturen fallen, durch britische Gerichte statt den EuGH klären zu lassen.
Im Fall der Schweiz ist es zum Beispiel so, dass ihre assoziierte Mitgliedschaft in der Europäischen Agentur für Flugsicherheit bedeutet, dass Lufttüchtigkeitszeugnisse von der eigenen Luftfahrtbehörde erteilt und Rechtsstreitigkeiten von den eigenen Gerichten entschieden werden. Ohne diese Mitgliedschaft müssten schweizerische Luftverkehrsunternehmen sich diese Zeugnisse durch einen anderen Mitgliedstaat oder durch die Agentur erteilen lassen, und jedweder Rechtsstreit würde vom EuGH entschieden.
Viertens hätte dies auch andere Vorteile. So hätte beispielsweise die Mitgliedschaft in der Europäischen Arzneimittel-Agentur zur Folge, dass im Vereinigten Königreich weiter in neue innovative Arzneimittel investiert würde, und dass diese Arzneimittel die Patienten schneller erreichen würden, weil die Unternehmen größere Märkte priorisieren, wenn sie den langwierigen Zulassungsprozess einleiten. Das wäre auch gut für die EU, denn die britische Zulassungsbehörde prüft mehr neue Arzneimittel als jeder andere Mitgliedstaat. Und die EU hätte damit auch weiter Zugang zum Fachwissen der weltführenden britischen Universitäten.
Und die Entscheidungshoheit läge natürlich letztlich bei unserem Parlament. Es könnte beschließen, diese Regeln nicht zu akzeptieren, allerdings mit Konsequenzen für unsere Mitgliedschaft in der jeweiligen Agentur und den damit verbundenen Marktzugangsrechten.
Und wenn wir möglichst reibungslose Grenzen erreichen und eine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland vermeiden wollen, brauchen wir auch eine Zollregelung.
Das Vereinigte Königreich hat ganz klar gesagt, dass es die Zollunion verlässt.
Die EU hat auch mit einigen anderen Ländern eine Zollunion gebildet.
Würde man diese Vereinbarungen jedoch auf das Vereinigte Königreich anwenden, würde das bedeuten, dass die EU die britischen Außenzölle festlegen würde, und dass sie anderen Ländern erlauben könnte, mehr ins Vereinigte Königreich zu exportieren, ohne es uns zu erleichtern, dann auch mehr in diese Länder zu exportieren, oder das Vereinigte Königreich müsste sich der gemeinsamen Handelspolitik der EU anschließen. Das wäre aber nicht vereinbar mit einer unabhängigen Handelspolitik, die diesen Namen verdient. Es würde bedeuten, dass wir weniger Kontrolle als bisher über unseren Handel mit der Welt hätten. Das würden weder die EU- noch die Brexit-Befürworter unter unseren Wählern wollen.
Also haben wir uns ernsthafte Gedanken darüber gemacht, wie wir die möglichst reibungslose Grenze, für die wir eintreten, am besten realisieren können. Im vergangenen Jahr haben wir schon zwei mögliche Optionen für eine Zollregelung vorgestellt. Option Eins ist eine Zollpartnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Das Vereinigte Königreich würde dabei an seiner Grenze die Anforderungen der EU an Importe aus der übrigen Welt genau widerspiegeln und für Waren, die im Vereinigten Königreich ankommen und für die EU bestimmt sind, dieselben Zölle und Ursprungsregeln anwenden wie die EU. So wüssten wir, dass für alle Waren, die über das Vereinigte Königreich in die EU gelangen, die entsprechenden EU-Zölle gezahlt werden, und damit wäre keine Zollabfertigung an der Grenze zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU mehr nötig.
Vor allem aber würden wir einen Mechanismus schaffen, der es dem Vereinigten Königreich ermöglichen würde, bei Waren, die für den britischen Markt bestimmt sind, seine eigenen Zolltarife und handelspolitischen Regelungen anzuwenden. Wie wir schon früher dargelegt haben, müsste gewährleistet werden, dass beide Seiten diesem System vertrauen können und dass es einen robusten Durchsetzungsmechanismus gibt.
Option Zwei wäre eine stark gestraffte Zollregelung, bei der wir gemeinsam beschließen würden, eine Reihe von Maßnahmen umzusetzen, um Behinderungen des Handels zu minimieren, verbunden mit speziellen Vorkehrungen für Nordirland.
Erstens Maßnahmen, die gewährleisten, dass die Vorschriften für den grenzüberschreitenden Warenverkehr so einfach wie möglich sind.
Das bedeutet, dass wir beim Warenhandel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU auch künftig auf Ein- und Ausfuhrerklärungen verzichten sollten.
Und wir sollten ermöglichen, dass auf Waren, die auf dem Weg vom Vereinigten Königreich in die übrige Welt durch die EU transportiert werden, keine EU-Zölle erhoben werden, und umgekehrt.
Zweitens Maßnahmen, die das Risiko von Verzögerungen in Häfen und Flughäfen reduzieren. Zum Beispiel sollten wir unsere „vertrauenswürdige Handelsteilnehmer“-Programme gegenseitig anerkennen und modernste IT-Lösungen nutzen, damit Fahrzeuge an der Grenze nicht anhalten müssen.
Drittens sollten wir die Zusammenarbeit, mit der wir Zoll- und Sicherheitsrisiken minimieren, fortsetzen.
Und viertens Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten und der Belastung, die mit der Einhaltung der Zollverwaltungsvorschriften verbunden sind, u.a. durch die Maximierung des Einsatzes von Automation.
Und in Anerkennung der besonderen Umstände in Nordirland und unserer beiderseitigen Zusagen zur Vermeidung einer harten Grenze sollten wir weitere spezifische Maßnahmen in Betracht ziehen.
80% des Nord-Süd-Handels wird von Mikro-, Klein- und mittleren Unternehmen durchgeführt.
Was also die kleineren Händler angeht – sie sind auf der lokalen Ebene am stärksten betroffen, aber ihre wirtschaftliche Rolle für den EU-Markt ist nicht von systemischer Bedeutung – würden wir ihnen erlauben, weiter wie bisher zu arbeiten, ohne neue Restriktionen.
Und für größere Händler würden wir gestraffte Verfahren einführen, darunter auch das System „vertrauenswürdiger Handelsteilnehmer“, das mit unseren Zusagen in Einklang stünde.
Bei beiden Optionen für unsere zukünftigen Zollregelungen stünde es dem Vereinigten Königreich frei, seine Zollvereinbarungen mit Drittstaaten selbst festzulegen – was in einer Zollunion schlichtweg nicht möglich wäre.
Mir ist klar, dass einige dieser Ideen von Technologie, robusten System zur Gewährleistung von Vertrauen und auch von gutem Willen abhängen – aber sie sind ernst gemeint und verdienen es, von allen Seiten geprüft zu werden.
Abschließend ist zum Warenverkehr zu sagen, dass es eines der Grundprinzipien in unserer Verhandlungsstrategie ist, dass der grenzüberschreitende Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU so reibungslos wie möglich und ohne harte Grenze zwischen Nordirland und Irland vonstatten gehen sollte.
Wir sind überzeugt, dass dies durch eine Zusage, dafür zu sorgen, dass die jeweiligen britischen Regulierungsstandards mindestens so hoch bleiben wie die der EU, und durch eine Zollvereinbarung erreicht werden kann.
Wir erkennen an, dass dies unsere Möglichkeiten einschränkt, unsere Regulierungsstandards für Industriegüter zu senken. In der Praxis aber ist es unwahrscheinlich, dass wir unsere Standards überhaupt absenken wollen – nicht zuletzt, weil jede Regierung, die das täte, von der britischen Bevölkerung beim nächsten Urnengang abgestraft würde.
Agrarlebensmittel und Fischerei
Dieses Vorgehen beim Warenhandel ist auch wichtig für Landwirtschaft, Nahrungsmittel und Getränke, aber hier kommen noch andere Überlegungen hinzu.
Wir verlassen die Gemeinsame Agrarpolitik und möchten diese Gelegenheit nutzen, um unsere Landwirtschafts- und Fischereipolitik zu reformieren.
Das Vereinigte Königreich gehört zu den Ländern mit den höchsten Umwelt- und Tierschutzstandards der Welt. Wenn wir jetzt die EU verlassen, werden wir unsere Umweltstandards aufrechterhalten und sogar noch weiter gehen, um unser gemeinsames natürliches Erbe zu schützen. Und ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass unsere Standards mindestens so hoch bleiben werden wie die der EU.
Aber hier wird es besonders wichtig sein, dass wir uns Flexibilität sichern, um aus den Möglichkeiten, die unser Ausscheiden aus der EU für unsere Bauern und Exporteure eröffnet, das Beste zu machen.
Wir scheiden auch aus der Gemeinsamen Fischereipolitik aus.
Das Vereinigte Königreich gewinnt die Kontrolle über seine nationalen Fischerei-Vorschriften und über den Zugang zu seinen Gewässern zurück.
Aber als Teil unserer Wirtschaftspartnerschaft wollen wir weiter zusammenarbeiten, um unsere gemeinsamen Fischbestände nachhaltig zu bewirtschaften und den gegenseitigen Zugang zu unseren Gewässern und eine fairere Zuteilung von Fischfangmöglichkeiten für die britische Fischerei zu vereinbaren.
Und wir werden auch offene Märkte für die Erzeugnisse des jeweils anderen gewährleisten wollen.
Dienstleistungen
Ebenso wie unsere Partnerschaft im Bereich Waren tiefer sein sollte als jedes andere Freihandelsabkommen, haben wir auch im Bereich Dienstleistungen die Chance, mit einem Abkommen, das breiter ist als je zuvor, Neuland zu betreten.
Wir wissen, dass bestimmte Aspekte des Dienstleistungshandels untrennbar mit dem Binnenmarkt verbunden sind, und deshalb wird unser Marktzugang in diesen Bereichen ein anderer sein müssen.
Aber wir sollten die Einführung neuer Schranken nur zulassen, wo es absolut nötig ist. Wir wollen im Vereinigten Königreich keine Diskriminierung von Dienstleistern aus der EU. Und wir wollen auch nicht, dass Dienstleister aus dem Vereinigten Königreich in der EU diskriminiert werden.
Deshalb wollen wir die Zahl der Hindernisse begrenzen, die britische Unternehmen davon abhalten könnten, sich in der EU niederzulassen, und umgekehrt, und einen angemessenen Rahmen für die Mobilität der Arbeitskräfte vereinbaren, der es britischen Unternehmen und Freiberuflern ermöglicht, in die EU zu reisen und ihre Dienstleistung direkt vor Ort bei ihren Kunden zu erbringen, und der es britischen Unternehmen ermöglicht, über Telefon oder Internet Dienstleistungen in der EU zu erbringen. Und für EU-Firmen, die Dienstleistungen im Vereinigten Königreich erbringen, würde das Gleiche gelten.
Und da britische Qualifikationen jetzt schon überall in der EU anerkannt sind und umgekehrt, würde es Sinn machen, wenn wir unsere Qualifikationen auch weiter gegenseitig anerkennen würden.
Es gibt zwei Bereiche, die noch nie wirklich in einem Freihandelsabkommen erfasst worden sind – der Rundfunk und auch, trotz aller Anstrengungen der EU mit der Transatlantischen Handels- und Investitions-Partnerschaft, die Finanzdienstleistungen.
Aber wir haben ein paar Ideen, wie wir das bewerkstelligen können – und es liegt in unser aller Interesse, dass wir diese Ideen ausloten.
Was den Rundfunk angeht, ist uns klar, dass wir mit der EU künftig nicht genau dieselben Vereinbarungen haben können wie bisher. Im Moment kann aufgrund des Herkunftslandprinzips ein im Vereinigten Königreich angesiedeltes Unternehmen mit seiner Zulassung durch die Ofcom in jedes EU-Mitgliedsland übertragen, und umgekehrt. Die entsprechende Richtlinie wird nach unserem Ausscheiden aus der EU für das Vereinigte Königreich nicht mehr gelten. Ausschließlich auf bestehende Modelle zurückzugreifen, würde Verbrauchern und Unternehmen auf beiden Seiten schaden.
Der Kreativstandort Vereinigtes Königreich bringt die Entwicklung von Produkten voran, die die europäischen Verbraucher wollen – derzeit stellt das Vereinigte Königreich rund 30% der Kanäle, die in der EU angeboten werden. Gleichzeitig befinden sich aber auch viele britische Unternehmen in paneuropäischem Besitz, und im Vereinigten Königreich werden 35 Kanäle und On-Demand-Dienste angeboten, die in der EU lizensiert sind.
Wir sollten deshalb mit offenem Blick kreative Optionen ausloten, darunter auch die gegenseitige Anerkennung, die eine Weiterführung des grenzüberschreitenden Rundfunks ermöglichen würde – in Anerkennung der bereichernden Rolle, die britische Sender und Programmmacher nicht nur in der britischen, sondern auch in unserer gemeinsamen europäischen Kultur spielen.
Ähnlich sieht es bei den Finanzleistungen aus. Der Schatzkanzler wird nächste Woche darlegen, wie die Finanzdienstleistungen Teil einer tiefen und umfassenden Partnerschaft sein können und dass sie das auch sein sollten. Wir erwarten kein „Passporting“, weil wir verstehen, dass dies zum Binnenmarkt gehört, dem wir nicht mehr angehören werden. Dazu müssten wir uns auch einem gemeinsamen Regelkatalog unterwerfen, bei dem wir kein Mitspracherecht hätten.
Das Vereinigte Königreich trägt Verantwortung für die Finanzstabilität des wichtigsten Finanzzentrums der Welt, und unsere Steuerzahler tragen das Risiko. Deshalb wäre es unrealistisch zu erwarten, dass wir neues EU-Recht automatisch und in vollem Umfang umsetzen.
Aber da im Vereinigten Königreich ansässige Banken Übernahmegarantien für etwa die Hälfte aller von EU-Unternehmen ausgegebenen Schuldtitel und Aktien geben und allein 2015 mehr als 1,1 Billionen Pfund an grenzüberschreitenden Krediten in die übrige EU vergeben haben, ist dies ein ganz klares Beispiel dafür, dass es sowohl der britischen als auch der EU-Wirtschaft schaden würde, wenn wir hier ausschließlich auf bestehende Modelle setzen würden.
Wie auch in anderen Teilbereichen unserer künftigen Wirtschaftspartnerschaft sollte es unser Ziel sein, die Möglichkeit des gegenseitigen Marktzugangs zu schaffen, basierend auf der Voraussetzung, dass das Vereinigte Königreich und die EU dieselben Regelungsergebnisse auf Dauer aufrechterhalten, und verbunden mit einem Mechanismus für die Festlegung angemessener Konsequenzen, falls dies doch nicht geschieht. Aber angesichts des hohen Regulierungsgrades bei den Finanzdienstleistungen und aus dem gemeinsamen Wunsch heraus, Risiken für die Finanzstabilität zu managen, brauchen wir einen von Zusammenarbeit geprägten objektiven Rahmen, der eine gegenseitige, einvernehmlich beschlossene und dauerhafte Basis schafft, auf die die Unternehmen sich verlassen können.
Es gibt noch viele andere Bereiche, in denen die britische und die EU-Wirtschaft eng miteinander verbunden sind, darunter Energie, Verkehr, Digitales, Recht, Wissenschaft und Innovation, und Bildung und Kultur.
Was die Energie angeht, wollen wir eine breit angelegte Zusammenarbeit mit der EU sicherstellen. Das schließt auch den Schutz des gemeinsamen Elektrizitätsmarkts zwischen Irland und Nordirland ein, und das Ausloten von Optionen für die weitere Beteiligung des Vereinigten Königreichs am internen Energiemarkt der EU. Und wir sind auch der Überzeugung, dass es für beide Seiten vorteilhaft wäre, wenn das Vereinigte Königreich eine enge Assoziierung mit Euratom hätte.
Was den Verkehr angeht, wollen wir die Kontinuität der Luft- und Seeverkehrs- wie der Schienentransportdienste sicherstellen, und wir wollen die Zugangsrechte des britischen Straßengüterverkehrs zum EU-Markt schützen und umgekehrt.
Im Bereich Digitales wird das Vereinigte Königreich nicht Teil des digitalen Binnenmarkts der EU sein, der sich nach unserem Ausscheiden aus der EU weiterentwickeln wird. Dies ist ein sich sehr schnell entwickelnder innovativer Sektor, in dem das Vereinigte Königreich zur Weltspitze gehört. Deshalb ist es hier besonders wichtig, dass wir im eigenen Land Flexibilität haben und dafür sorgen können, dass das Regelungsumfeld flexibel genug ist, um immer rasch und ambitioniert auf neue Entwicklungen reagieren zu können.
Wir wollen, dass unser Abkommen die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen einschließt, wo die EU schon bewiesen hat, dass sie Abkommen mit Nicht-Mitgliedstaaten schließen kann, wie z.B. mit dem Lugano-Übereinkommen. Allerdings möchten wir ein umfassenderes Abkommen, das unsere einzigartige Ausgangsbasis widerspiegelt. Und unser Abkommen sollte sich auch auf Unternehmensrecht und geistiges Eigentum erstrecken, um für mehr Rechtssicherheit und Kohärenz zu sorgen.
Das Vereinigte Königreich ist auch daran interessiert, einen weit reichenden Wissenschafts- und Innovationspakt mit der EU zu schließen, der den Austausch von Ideen und Forschern erleichtert. So wäre es dem Vereinigten Königreich möglich, sich Seite an Seite mit unseren Partnern in der EU an zentralen Programmen zu beteiligen. Und bei Bildungs- und Kulturprogrammen möchten wir ähnlich vorgehen, um unsere gemeinsamen Werte zu fördern und unseres intellektuelles Gewicht in der Welt zu stärken – auch hier würden wir weiter Beiträge zahlen, die unseren fairen Anteil an den Kosten decken.
Auf allen diesen Gebieten kann kühnes und kreatives Denken zu neuen Vereinbarungen führen, die im Interesse aller unserer Bürger sind, im Vereinigten Königreich ebenso wie in der EU.
Und angesichts der Besorgnis erregenden Zunahme des Protektionismus glaube ich, dass solche Vereinbarungen es uns ermöglichen können, der Welt ein Beispiel zu geben.
Großbritannien nach dem Brexit
Denn die Welt schaut zu.
Wir sollten unser Ausscheiden aus der EU nicht als ein Ende begreifen, sondern vielmehr als einen neuen Anfang für das Vereinigte Königreich und für unser Verhältnis zu unseren europäischen Verbündeten.
Die Veränderung ist nichts, wovor wir Angst haben müssten, solange wir uns ihr mit Weitblick und in der Entschlossenheit nähern, zum Wohle aller zu handeln.
Und der Brexit ist auch kein Selbstzweck.
Nein, er muss das Mittel sein, mit dem wir Großbritanniens Platz in der Welt neu behaupten und die Bande erneuern, die uns hier zu Hause verbinden. Und ich weiß, dass das Vereinigte Königreich, das ich so schätze, aus diesem Prozess stärker und mit festerem innerem Zusammenhalt hervorgehen kann.
Ein Vereinigtes Königreich, das eine Wiege der Innovation ist, führend in den Zukunftsbranchen, Verfechter eines Freihandels mit hohen Standards, ein modernes, nach außen orientiertes, tolerantes Land, das stolz ist auf seine Werte und selbstbewusst seinen Platz in der Welt einnimmt.
Das ist eine optimistische und zuversichtliche Perspektive, die uns alle vereinen kann.
Ein globales Großbritannien, das in der Welt erfolgreich ist, indem es eine mutige und umfassende Wirtschaftspartnerschaft mit unseren Nachbarn in der EU schließt und über unseren Kontinent hinausblickt und Handel mit Nationen überall auf dem Erdball treibt.
Die Vorgehensweise, die ich heute skizziert habe, würde das Ergebnis des Referendums umsetzen, zu einer dauerhaften Lösung führen, unsere Sicherheit und unseren Wohlstand bewahren, und uns helfen, das Land aufzubauen, das wir sein wollen, und unserem Land wieder Zusammenhalt zu geben, denn sie hätte das Vertrauen sowohl derer, die für den Brexit gestimmt haben, als auch derer, die für den Verbleib in der EU waren. Es ist eine Vorgehensweise, die dem ganzen Vereinigten Königreich und auch der erweiterten Familie unserer überseeischen Gebiete zugute kommen wird.
Ich habe keinerlei Zweifel, dass wir eine glänzende Zukunft haben, was für ein Abkommen wir auch immer mit der EU schließen mögen. Die Stabilität und Kontinuität von Jahrhunderten der Selbstregierung, unser Bekenntnis zu Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, unser Glaube an Unternehmertum und Innovation, aber vor allem anderen die Begabung und Genialität aller unserer Bürger, und ganz besonders unserer jungen Menschen - das alles ist die Saat für unseren Erfolg in der Zukunft, so wie es auch in der Vergangenheit Garant unseres Erfolges war.
Ich freue mich darauf, unsere zukünftige Partnerschaft mit unseren europäischen Freunden zu erörtern. Denn auch wenn wir die EU verlassen – und in dieser Hinsicht werden wir getrennte Wege gehen – so sind wir doch weiter Europäer und bleiben über die vielen gemeinsamen Bande und Werte auch weiter miteinander verbunden. Und schließlich wird es auch nur in Zusammenarbeit gelingen, Lösungen zu finden, die für alle unsere Völker funktionieren.
Ja, es wird in den kommenden Monaten auf und ab gehen. Wie in jeder anderen Verhandlung auch wird keiner alles bekommen, was er gerne hätte. Wir lassen uns nicht unter Druck setzen von den Forderungen nach harter Verhandlungsführung, und wir werden auch nicht damit drohen, den Verhandlungstisch zu verlassen. Genauso wenig werden wir auf die Unkenrufe hören, die das alles einfach für nicht machbar halten. Wir werden vorankommen, indem wir ruhig und geduldig über die jeweiligen Positionen sprechen. Es ist meine Pflicht als Premierministerin, unserem Land in dieser entscheidenden Zeit diese Führung zu geben. Wenn wir dem Kurs folgen, den ich heute abgesteckt habe, bin ich zuversichtlich, dass wir ans Ziel kommen werden und das richtige Ergebnis für Großbritannien wie für die EU erreichen werden.
Woran sich die nächste Generation erinnern wird, ist nicht das Hin und Her der Verhandlungen, sondern, ob wir eine dauerhafte Lösung gefunden haben, die im Interesse der Menschen ist, denen wir alle zu dienen verpflichtet sind.
Meine Botschaft an unsere Freunde in Europa ist also klar.
Wir wissen, was wir wollen.
Wir verstehen eure Prinzipien.
Wir haben ein gemeinsames Interesse daran, das hier richtig zu machen.
Packen wir es also an.