Rede

Rede des Premierministers am 12. Februar 2016 in Hamburg

Premierminister David Cameron hielt anlässlich der Matthiae-Mahlzeit in Hamburg mit Bundeskanzlerin Angela Merkel folgende Rede.

Veröffentlicht wurde dies unter der 2015 to 2016 Cameron Conservative government
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Übersetzung

Herr Bürgermeister Scholz, es ist eine große Ehre, hier in Hamburg zu sein bei diesem ältesten Festmahl der Welt.

Und es ist ein riesiges Vergnügen, zusammen mit meiner guten Freundin Bundeskanzlerin Merkel hier zu sein.

Als Angela sagte, sie wolle mich in der Stadt, in der sie geboren ist, zum Essen ausführen, hatte ich keine Ahnung, dass sie sich so viel Mühe machen würde.

Bei meinem ersten Besuch in dieser historischen Stadt möchte ich auch einem großen Sohn Hamburgs meinen Respekt erweisen.

Bundeskanzler Helmut Schmidt war der hanseatischen Tradition des Diensts für andere zutiefst verbunden. Sein Engagement ist ein Vorbild für uns alle. Er wird immer für seine Führungsstärke in einer entscheidenden Zeit für Deutschland und Europa in Erinnerung bleiben.

Mein erster Besuch in Hamburg gibt mir auch Gelegenheit, die vielen historischen Verbindungen zwischen Großbritannien und dieser wunderbaren Stadt zu würdigen.

Hamburg hat den Ruf, die britischste aller deutschen Städte zu sein. Und Großbritannien hat hier sicherlich seine Spuren hinterlassen.

Schon als diese Bankette vor 600 Jahren erstmals veranstaltet wurden, war der offizielle Vertreter der britischen Kaufleute hier Ehrengast.

Und jetzt genießen die Hamburger zur alljährlichen Queen’s Birthday Party britische Lebensmittel, britische Musik und – meistens – britisches Wetter.

Dies ist aber nur ein Aspekt des viel breiteren kulturellen Austauschs zwischen unseren beiden Ländern.

Wir verdanken Ihnen Goethe, Händel und den Weihnachtsbaum, Sie uns Shakespeare, die Beatles und – offen gesagt – viel zu viele WM-Siege.

Sie überlassen uns einen Deutschen als Leiter des British Museum. Und wir Ihnen seinen Vorgänger für das Humboldt-Forum.

Und hier in diesem Saal nimmt ein britisches Geschenk, der Pokal König Edwards VII., immer noch einen Ehrenplatz ein.

Wobei man argumentieren könnte, dass eigentlich Sie es waren, die uns König Edward VII. gebracht haben – nämlich mit dem Einzug des Hauses Hannover in Großbritannien 1714!

Der stärkste Bindeglied zwischen uns sind unsere gemeinsamen Werte und Überzeugungen.

Wir alle messen dem Handel große Bedeutung bei. Und das seit Jahrhunderten.

Denken Sie an die Zeiten der Hanse. Hamburger Kaufleute waren es, die 1266 von König Heinrich III. das Privileg erhielten, ihre Waren in ganz England zu verkaufen.

Sie schlossen sozusagen eines der ersten Freihandelsabkommen der Welt.

Und es ist kein Zufall, dass 750 Jahre später ausgerechnet Großbritannien und Deutschland sich in besonderem Maße für den Abschluss des größten Handelsabkommens der Welt – zwischen Europa und Amerika – einsetzen.

Und ebenso wie dieser Saal vor vielen Jahren auch dank des Handels mit Großbritannien errichtet wurde, haben wir heute auf der anderen Seite der Elbe die Airbus-Fabrik, in der deutsche Ingenieure Flugzeuge mit Tragflächen made in Britain bauen.

Unserem gemeinsamen Bekenntnis zum Unternehmertum ist es zu verdanken, dass Großbritannien und Deutschland bei Tagungen des Europäischen Rates sich immer wieder gemeinsam stark machen für Bürokratieabbau, für Wachstum und für Arbeitsplätze.

Und überzeugt von der Notwendigkeit solider Finanzhaushalte, machen Großbritannien und Deutschland am Verhandlungstisch auch immer wieder darauf aufmerksam, dass man Probleme nicht aus der Welt schafft, indem man immer mehr Geld ausgibt, und dass man sein Defizit in den Griff bekommen muss.

Ich bin auch stolz auf die Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Merkel, durch die wir den historischen Beschluss zustande gebracht haben, den europäischen Haushalt erstmals real zu kürzen.

Denn das bedeutet niedrigere Steuern für unsere Bürger und auch niedrigere Steuern für unsere Wirtschaft.

Auch die Zusammenarbeit in Europa zur Verbesserung unserer Sicherheit wird von Großbritannien und Deutschland vorangetrieben.

Dies gilt für die Sanktionen gegen Russland und Iran, bei denen wir beide eine Führungsrolle einnehmen, ebenso wie für die Reaktion auf die Krise in Syrien.

Erst letzte Woche waren Bundeskanzlerin Merkel und ich gemeinsame Gastgeber der Syrien-Konferenz in London, bei der über 11 Mrd. Dollar zusammengekommen sind – die größte Summe, die jemals an einem Tag zur Bewältigung einer humanitären Krise aufgebracht wurde.

Und durch die Arbeit zur Einbindung der Türkei, die maßgeblich von Bundeskanzlerin Merkel geleistet wurde, sowie durch all unsere Anstrengungen zur Förderung von Unternehmen und Arbeitsplätzen in der Region haben wir erreicht, dass Millionen von syrischen Flüchtlingen eine wirkliche Alternative zu der gefährlichen Reise nach Europa haben.

Großbritannien ist auch bereit, die Bemühungen des Schengen-Raums zur Verstärkung seiner Außengrenzen zu unterstützen.

Sei es also durch Handel, unternehmerische Initiative oder sicherheitspolitische Zusammenarbeit, Großbritannien und Deutschland sind Vorreiter in Europa, womit wir unsere Werte propagieren und unser aller Wohlstand und Sicherheit fördern.

Wenn es nun um die Frage von Großbritanniens Platz in Europa geht, bin ich immer zuversichtlich gewesen, dass wir gemeinsam die Reformen erreichen können, die den britischen Anliegen Rechnung tragen und auch für Europa insgesamt funktionieren.

Gewiss, Großbritannien gilt manchmal als streitbar und ziemlich eigensinnig. Hierfür entschuldige ich mich nicht. So sind wir nun einmal.

Unser Charakter ist geprägt von unserem Inselstatus – unabhängig, geradeheraus, leidenschaftlich auf unsere Souveränität bedacht –, und wir haben Institutionen, die uns über viele Jahrhunderte hinweg gute Dienste geleistet haben.

Als die sechs Gründungsstaaten 1957 den EWG-Vertrag unterzeichneten, standen wir abseits.

Der Schutz unserer Souveränität war für uns immer das oberste Gebot.

Aber wir sind auch eine offene Nation.

Diese Offenheit brachte uns 1973 letztlich dazu beizutreten.

Sie ist auch der Grund für unsere Haltung in so vielen anderen Fragen, etwa unserer Rolle bei der Öffnung des Eisernen Vorhangs und als Befürworter des EU-Beitritts von Ländern, die so viele Jahre an den Kommunismus verloren haben.

Wir waren immer ein Land, das Kontakte nach außen pflegt.

Und ich will keinesfalls, dass wir die Zugbrücke hochziehen und uns von der Welt verabschieden.

Wenn es also um die Frage von Großbritanniens Zukunft in Europa geht, habe ich ein klares Ziel: Ich will Großbritannien in einer reformierten Europäischen Union halten.

Ich habe also intensiv über die Reformen nachgedacht, die notwendig sind, um auf die Sorgen der britischen Bürger einzugehen, und ich kämpfe hart dafür, sie durchzusetzen.

Und ich denke auch, dass wir mit Hilfe der von mir propagierten Reformen das wettbewerbsfähigere, aufgeschlossenere und dynamischere Europa schaffen können, das Großbritannien und Deutschland sich wünschen.

Wenn Großbritannien darauf drängt, diese Handelsabkommen zu schließen, dann ist das nicht nur für Großbritannien gut, sondern auch für Deutschland.

Wenn wir klare Regeln fordern sowohl für die Euro-Länder wie auch für Länder wie Großbritannien, die ihn nicht einführen werden, dann sind auch diese Reformen in unserem gemeinsamen Interesse.

Wir brauchen den Erfolg der Eurozone – und auch den Erfolg der Länder, die sich gegen eine Teilnahme entscheiden.

Und wenn Großbritannien ein Europa fordert, das die Nationalstaaten respektiert, und wenn es das Recht einfordert, unsere Sozialsysteme selbst zu gestalten – dann sind das Forderungen, die meines Erachtens in ganz Europa Zuspruch finden.

Wenn wir also gemeinsam diese Reformen herbeiführen können, dann werde ich unmissverständlich empfehlen, dass Großbritannien zu diesen neuen Bedingungen in einer reformierten Europäischen Union bleiben sollte.

Wenn nicht, dann kann ich nichts ausschließen.

Aber ich denke, es wird uns gelingen, und wenn das der Fall ist, glaube ich, dass wir dieses Referendum gewinnen können, und das wäre gut für Großbritannien, für Deutschland und für Europa.

Ich glaube nämlich, dass es Großbritannien in einer reformierten Europäischen Union in puncto Sicherheit und Wohlstand besser gehen würde und dass es auch für Europa vorteilhaft ist, wenn es seine zweitstärkste Volkswirtschaft, seine größte Militärmacht, einen wichtigen Akteur in der internationalen Diplomatie und natürlich seinen zweitgrößten Beitragszahler behält.

Und zum Schluss möchte ich noch eines sagen.

Selbst wenn wir die Reformen durchsetzen, für die ich eintrete, ist die Arbeit noch nicht zu Ende.

Es wird auch dann noch viel Reformbedarf geben, und Großbritannien würde weiter an der Seite Deutschlands den Weg weisen.

Denn der Grund, warum es mir so wichtig ist, dass Großbritannien in einer reformierten Europäischen Union gehalten wird, ist letztlich, dass ich, wenn ich mir die Welt anschaue, wie sie heute ist und wohin sie steuert, mehr denn je überzeugt bin, dass wir die Zusammenarbeit Großbritanniens und Deutschlands brauchen, denn nur so können wir eine Europäische Union gestalten, die uns allen Wohlstand und Sicherheit geben kann.

In einer Welt, in der einige Länder uns glauben machen wollen, man könne eine erfolgreiche Wirtschaftsmacht sein, aber die Demokratie links liegen lassen, die Pressefreiheit einschränken und ohne Rechtsstaatlichkeit auskommen, müssen wir zusammenhalten und beweisen, dass diese Dinge – die Pressefreiheit, die Demokratie – unsere Länder keineswegs behindern, sondern uns noch stärker machen.

In einer Welt, in der Russland in die Ukraine einmarschiert und ein Schurkenstaat wie Nordkorea Atomwaffen testet, müssen wir uns gemeinsam gegen diese Aggression wehren – und unsere wirtschaftliche Macht gegen die Länder einsetzen, die die Regeln mit Füßen treten und die Sicherheit unserer Bürger bedrohen.

Und in einer Welt, in der manche auf die Bedrohung durch den islamistischen Extremismus schauen und der Armut oder der Außenpolitik des Westens die Schuld dafür geben, müssen wir sagen: nein, das ist eine Ideologie, die den Islam für ihre eigenen barbarischen Zwecke missbraucht und den Geist junger Menschen vergiftet.

Ebenso wie Europa in der Vergangenheit gefährliche und mörderische Ideologien bekämpft hat, müssen wir auch hier zusammenstehen in diesem Kampf unserer Generation.

Wir müssen dieses Übel bekämpfen – und besiegen.

Gemeinsam.

Für unsere Werte. Für unsere Sicherheit. Für unseren Wohlstand.

Das ist das Europa, das wir uns wünschen.

Und das ist das Europa, das Großbritannien und Deutschland schaffen können, gemeinsam.

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Veröffentlicht am 12 Februar 2016