Rede

Rede von Premierministerin May bei der Münchner Sicherheitskonferenz: 17. Februar 2018

Rede der britischen Premierministerin am 17. Februar 2018 bei der Münchner Sicherheitskonferenz

Veröffentlicht wurde dies unter der 2016 to 2019 May Conservative government
UK Prime Minister Theresa May, Brexit, Munich

Seit über einem halben Jahrhundert bringt diese Konferenz Staaten aus Europa und von jenseits des Atlantiks zusammen, um unsere gemeinsame Sicherheit zu gestalten.

Die Grundwerte, die wir teilen – Achtung der Würde des Menschen, der Menschenrechte, der Freiheit, der Demokratie und der Gleichheit – sind die gemeinsame Sache, für die wir uns zusammen in unser aller Interesse engagieren.

Das regelbasierte System, das wir mit entwickelt haben, hat eine globale Zusammenarbeit zum Schutz dieser gemeinsamen Werte ermöglicht.

Heute, da die Globalisierung die Nationen einander näher bringt als je zuvor, stehen wir vor einer Vielzahl neuer und wachsender Bedrohungen, die diese Regeln und Werte zu untergraben suchen.

Innere und äußere Sicherheit sind immer stärker ineinander verflochten, wobei feindliche Netzwerke nicht mehr nur im Rahmen aggressiver Handlungen, welche von Staaten ausgehen, aktiv sind und Waffen nicht mehr nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch im Cyberspace eingesetzt werden. Deswegen sind wir, um unsere Bürger schützen zu können, immer mehr auf Zusammenarbeit angewiesen.

Dies findet seinen Ausdruck auch hier und heute, bei dieser mit Vertretern aus mehr als siebzig Ländern weltweit größten Zusammenkunft ihrer Art.

Was Großbritannien anbelangt, war uns immer bewusst, dass unsere Sicherheit und unser Wohlstand an die globale Sicherheit und den globalen Wohlstand geknüpft sind.

Wir sind eine globale Nation – wir bereichern den globalen Wohlstand durch jahrhundertelangen Handel, durch die Fähigkeiten unserer Bürger und durch den Bildungs- und Kulturaustausch mit Partnern in aller Welt.

Und wir investieren in die globale Sicherheit, im Wissen, dass wir unsere Bürger im In- und Ausland so am besten schützen können.

Deshalb leisten wir den zweitgrößten finanziellen Beitrag zur NATO, und wir sind das einzige EU-Land, das 2 Prozent seines BIP für Verteidigung und 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für internationale Entwicklung ausgibt. Und deshalb werden wir diesen Verpflichtungen weiterhin nachkommen.

Das ist der Grund, warum wir ein hoch entwickeltes Netz von sicherheitspolitischen und militärischen Beziehungen aufgebaut haben: mit den USA und den „Five Eyes“-Staaten, mit den Golfstaaten und zunehmend auch mit Partnern in Asien.

Wir haben in kritische Fähigkeiten investiert, wozu auch unsere nukleare Abschreckungskraft, unsere beiden neuen Flugzeugträger, unsere erstklassigen Spezialkräfte und Nachrichtendienste gehören.

Wir leisten maßgebliche Beiträge zu internationalen Missionen, vom Kampf gegen den IS im Irak und in Syrien bis hin zu Friedensmissionen im Südsudan und in Zypern sowie bei NATO-Missionen in Osteuropa.

Und in Europa arbeiten wir immer enger mit unseren europäischen Partnern zusammen und bringen den Einfluss und das Gewicht ein, das sich durch unser gesamtes Spektrum globaler Beziehungen ergibt.

Diese Zusammenarbeit wollen wir fortsetzen, wenn wir die Europäische Union verlassen.

Die britischen Bürger haben in legitimer demokratischer Abstimmung beschlossen, dass Entscheidungsprozesse und Rechenschaftspflichten weniger weit von ihnen entfernt angesiedelt sein sollten.

Aber schon immer wurde die Sicherheit unseres Landes am besten durch eine weltweite Zusammenarbeit gefördert, in Kooperation mit Institutionen, die das unterstützen, einschließlich der EU.

Eine Änderung der Strukturen unserer Zusammenarbeit darf nicht dazu führen, dass wir unser gemeinsames Ziel aus den Augen verlieren – den Schutz unserer Bürger und die Förderung unserer gemeinsamen Interessen in der Welt.

Das heißt: Wenn wir die EU verlassen und einen neuen Kurs für uns in der Welt abstecken, stehen wir noch genauso zu Europas Sicherheit wie bisher.

Europas Sicherheit ist unsere Sicherheit. Und deshalb habe ich gesagt – und ich möchte das heute wiederholen – dass Großbritannien bedingungslos für ihre Aufrechterhaltung einsteht.

Jetzt ist es die Aufgabe von uns allen, einen Weg zu finden, wie wir in einer tiefen und besonderen Partnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU zusammenarbeiten können, um die Kooperation, die wir aufgebaut haben, zu erhalten und die wachsenden gemeinsamen Bedrohungen weiter zu bewältigen.

In diesen Zeiten kann es sich keiner von uns leisten zuzulassen, dass Konkurrenz zwischen Partnern, rigide institutionelle Restriktionen oder tief verwurzelte Ideologien unsere Zusammenarbeit behindern und die Sicherheit unserer Bürger gefährden.

Wir müssen tun, was immer am praktischsten und pragmatischsten ist, um unsere kollektive Sicherheit zu gewährleisten.

Heute möchte ich darlegen, wir wir dies meines Erachtens bewerkstelligen können – indem wir die Gelegenheit nutzen, um eine neue Sicherheitspartnerschaft zu etablieren, die unsere Bürger schützen kann, jetzt und in Zukunft.

Innere Sicherheit

Lassen Sie mich zunächst darauf eingehen, wie wir die Sicherheit innerhalb Europas gewährleisten.

Die Bedrohungen, vor denen wir stehen, machen nicht an den Grenzen einzelner Staaten halt und betreffen sie nicht unterschiedlich.

Wir alle in diesem Saal haben den Schmerz und das Leid terroristischer Gräueltaten in unseren Heimatländern erlebt.

Seit dem verabscheuungswürdigen Anschlag in Westminster, dem weitere in Manchester und London folgten, ist fast ein Jahr vergangen.

Diesen Leuten ist es egal, ob sie Pariser, Berliner, Londoner oder Manchesteraner töten oder verstümmeln, denn ihr Kampf richtet sich gegen die gemeinsamen Werte, die wir alle teilen.

Ich aber sage: wir lassen das nicht zu.

Wenn solche Gräuel stattfinden, erwarten die Menschen von uns Politikern, dass wir die richtige Antwort darauf finden.

Nichts darf uns davon abhalten, die erste Pflicht einer Regierung zu erfüllen: unsere Bürger zu schützen.

Und wir müssen Wege finden, wie wir praktisch zusammenarbeiten können, um das zu erreichen.

Das ist uns schon früher gelungen.

Als die Justiz- und Innenpolitik in der EU nicht mehr auf der zwischenstaatlichen Ebene geregelt, sondern zu einem Bereich mit geteilter Zuständigkeit wurde, gab es in Großbritannien natürlich manche, die es gern gesehen hätten, wenn wir den Ansatz der EU komplett übernommen hätten, während andere auf eine strikte Ablehnung setzten.

Als Innenministerin wollte ich unbedingt einen praktischen und pragmatischen Weg finden, wie Großbritannien und die EU im Hinblick auf unsere gemeinsame Sicherheit weiter zusammenarbeiten konnten.

Deshalb habe ich mir alle Bestimmungen nacheinander angeschaut und mich dann erfolgreich dafür eingesetzt, dass Großbritannien sich erneut an denjenigen beteiligt hat, die eindeutig in unserem nationalen Interesse liegen.

Durch die Beziehungen, die wir entwickelt haben, ist Großbritannien maßgeblich daran beteiligt gewesen, die praktischen und rechtlichen Vorkehrungen zu gestalten, die unserer Zusammenarbeit bei der inneren Sicherheit zugrunde liegen.

Und unser Beitrag zu diesen Vorkehrungen ist überaus wichtig für den Schutz der europäischen Bürger in allen Großstädten unseres Kontinents.

Erstens hat unsere praktische Zusammenarbeit, worunter auch die beschleunigte Auslieferung und die gegenseitige Rechtshilfe fällt, zur Folge, dass gesuchte oder verurteilte Schwerkriminelle – und die Beweismittel für ihre Urteile – problemlos zwischen Großbritannien und anderen EU-Staaten ausgetauscht werden können.

Als festgestellt wurde, dass ein gefährlicher Terrorist wie Zakaria Chadili in Großbritannien lebte – der junge Mann soll in Syrien radikalisiert worden sein und wurde in Frankreich wegen terroristischer Straftaten gesucht – konnte er ohne Verzögerung nach Frankreich ausgeliefert und dort vor Gericht gestellt werden.

Er ist einer von 10.000 Personen, die Großbritannien aufgrund eines Europäischen Haftbefehls ausgeliefert hat. Übrigens kommen auf jede Person, die kraft eines von Großbritannien ausgestellten Europäischen Haftbefehls festgenommen wurde, acht Personen, die von Großbritannien nach einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Europäischen Haftbefehl festgenommen wurden.

Der Europäische Haftbefehl hat auch bei der Polizeizusammenarbeit zwischen Nordirland und Irland eine entscheidende Rolle gespielt, die ein fundamentaler Bestandteil der politischen Einigung dort war.

Zweitens stellt Großbritannien Europol im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen unseren Strafverfolgungsbehörden mit die größten Mengen an Daten, Informationen und Know-how zur Verfügung. Nehmen Sie zum Beispiel Operation Triage, wo die Polizei in Großbritannien extensiv mit Europol und der Tschechischen Republik zusammenarbeitete, um einem Ring von Menschenhändlern, denen Ausbeutung von Arbeitskraft vorgeworfen wurde, das Handwerk zu legen.

Drittens beteiligt sich Großbritannien über das Schengener Informationssystem II am Austausch von Echtzeitdaten über gesuchte Verbrecher, vermisste Personen und Terrorverdächtige. Rund ein Fünftel aller Meldungen kommen aus Großbritannien, allein im letzten Jahr gab es 13.000 Zugriffe auf Personen und Objekte, die für die Strafverfolgungsbehörden in Europa von Interesse waren.

Das Vereinigte Königreich hat auch einen von der gesamten EU getragenen Ansatz zur Verarbeitung von Passagierdaten vorangetrieben: dieser ermöglicht die Identifizierung und Verfolgung von Verbrechern, Opfern von Menschenhandel und Personen, die für eine Radikalisierung anfällig sind.

In all diesen Bereichen bedeuten diese Zusammenarbeit und die einzigartigen Regelungen, die wir zwischen Großbritannien und den Institutionen der EU in den letzten Jahren eingeführt haben, mehr Sicherheit für die Menschen in Europa.

Daher liegt es in unser aller Interesse, Wege zu finden, wie wir die dieser Zusammenarbeit zugrunde liegenden Fähigkeiten erhalten können, wenn Großbritannien als europäisches Land außerhalb der EU, aber in einer neuen Partnerschaft mit ihr stehen wird.

Hierfür muss der politische Wille auf beiden Seiten vorhanden sein.

Ich weiß, es gibt gegenwärtig kein Sicherheitsabkommen zwischen der EU und einem Drittland, das die gesamte Tiefe und Breite unserer bestehenden Beziehungen erfassen würde.

Aber es gibt Beispiele für umfassende, strategische Beziehungen zwischen der EU und Drittstaaten auf anderen Gebieten wie zum Beispiel dem Handel. Und es gibt keinen juristischen oder operativen Grund, warum ein solches Abkommen nicht auch im Bereich der inneren Sicherheit geschlossen werden könnte.

Sollte es in den Verhandlungen jedoch zur Priorität werden, jede Form von neuer Zusammenarbeit mit einem Land außerhalb der EU auszuschließen, dann wird diese politische Doktrin bzw. Ideologie in der realen Welt schädliche Auswirkungen auf die Sicherheit aller unserer Bürger haben, im Vereinigten Königreich und in der EU.

Machen wir uns einmal klar, was passieren würde, wenn die Instrumente dieser Zusammenarbeit abgeschafft würden.

Auslieferungen kraft eines Europäischen Haftbefehls würden eingestellt. Auslieferungen, die nicht kraft eines Europäischen Haftbefehls erfolgen, können viermal so viel kosten und dreimal so lange dauern.

Es würde das Ende des signifikanten Datenaustauschs und Engagements bei Europol bedeuten.

Und es würde bedeuten, dass Großbritannien nicht mehr in der Lage wäre, über die Europäische Ermittlungsanordnung mit strikten Fristen für die Beweisaufnahme zügig Beweismittel von europäischen Partnern anzufordern, und statt dessen auf langsamere, umständlichere Systeme zurückgreifen müsste.

Das würde uns beiden schaden und alle unsere Bürger einer größeren Gefahr aussetzen.

Als Politiker dürfen wir das nicht zulassen.

Deshalb sollten wir – gemeinsam – wirklich kreativ und ambitioniert sein, damit wir die heutigen wie auch künftigen Herausforderungen meistern können.

Deshalb habe ich vorgeschlagen, einen neuen Vertrag zu schließen, der unseren zukünftigen Beziehungen im Bereich innere Sicherheit zugrunde liegen soll.

Der Vertrag muss unsere operativen Fähigkeiten erhalten. Aber er muss noch drei weitere Kriterien erfüllen.

Er muss die Souveränität der Rechtsordnungen sowohl Großbritanniens wie auch der EU achten. Das heißt zum Beispiel, dass Großbritannien, wenn es an Behörden der EU beteiligt ist, den Auftrag des Europäischen Gerichtshofs respektieren wird.

Und für eine enge juristische Zusammenarbeit wird eine prinzipientreue, aber pragmatische Lösung gefunden werden müssen, die unserem besonderen Status als Drittland mit unserer eigenen souveränen Rechtsordnung gerecht wird.

Wie ich schon gesagt habe, werden wir uns auf eine starke und angemessene Form einer unabhängigen Streitschlichtung in allen Bereichen unserer zukünftigen Partnerschaft einigen müssen, in die beide Seiten das nötige Vertrauen setzen können.

Außerdem müssen wir anerkennen, dass umfassende und robuste Datenschutzvereinbarungen wichtig sind.

Großbritanniens neues Datenschutzgesetz wird garantieren, dass wir auf einer Linie mit der EU sind. Aber wir wollen noch weiter gehen und streben eine besondere Regelung an, die Großbritanniens außergewöhnlich hohen Datenschutzstandards Rechnung trägt. Und nach unseren Vorstellungen wird das britische Information Commissioner’s Office auch weiter eine Rolle spielen, was von Vorteil wäre, da es Bürgern und Unternehmen in der EU ebenso wie im Vereinigten Königreich stabile Verhältnisse und Vertrauen geben würde.

Und wir sind bereit, jetzt daran zu gehen, dies mit Kollegen in der Europäischen Kommission zu besprechen.

In den letzten Jahren konnten wir angesichts der terroristischen Gräueltaten das Abkommen über Fluggastdaten schließen, und auch der neue Vertrag muss so ausgelegt sein, dass unsere Beziehung Schritt halten kann, wenn die Bedrohungen sich verändern, was sie sicher tun werden.

Nichts darf sich uns in den Weg stellen, wenn wir einander in jeder Stunde eines jeden Tages beistehen wollen, damit unsere Bürger in Sicherheit leben können.

Wenn wir das ins Zentrum unseres Auftrags stellen, dann können und werden wir die Mittel und Wege finden.

Und wir können die Gespräche hierüber nicht aufschieben. Die EU-Staaten haben deutlich gemacht, wie kritisch es ist, dass wir unsere bestehenden operativen Fähigkeiten aufrechterhalten.

Wir müssen jetzt mit Hochdruck daran gehen, den Vertrag auszuarbeiten, der alle europäischen Bürger schützen wird, wo auch immer auf dem Kontinent sie leben.

Äußere Sicherheit

Es ist aber auch klar, dass unsere Sicherheitsinteressen nicht am Rande unseres Kontinents aufhören.

Zum einen kommen die Bedrohungen unserer inneren Sicherheit von außen, und zum anderen stehen wir, wenn wir uns die heutige Welt anschauen, vor tief greifenden Herausforderungen für die Weltordnung: Frieden, Wohlstand und das regelbasierte System, auf die unsere Lebensweise sich stützt, sind gefährdet.

Und angesichts dieser Herausforderungen halte ich es für unsere entscheidende Pflicht, zusammenzufinden und die transatlantische Partnerschaft – wie auch die gesamte Bandbreite aller unserer globalen Bündnisse – zu stärken, um unsere gemeinsame Sicherheit zu schützen und unsere gemeinsamen Werte zu propagieren.

Das Vereinigte Königreich steht nicht nur unerschütterlich zu dieser Partnerschaft, wir sehen ihre Kräftigung auch als einen wesentlichen Teil unserer globalen Rolle, wenn wir die Europäische Union verlassen.

Als Ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, als ein führendes Mitglied der NATO und als Amerikas engster Partner haben wir unsere Sicht der Welt nie primär über unsere EU-Mitgliedschaft oder eine kollektive europäische Außenpolitik definiert. Wenn wir also die EU verlassen, ist es nur richtig, dass Großbritannien eine unabhängige Außenpolitik verfolgt.

Aber die Interessen, die wir in der Welt vertreten und verteidigen, werden weiter die sein, die in unseren gemeinsamen Werten wurzeln.

Das gilt im Kampf gegen die IS-Ideologien ebenso wie für die Gestaltung eines neuen weltweiten Umgangs mit Migration, die Sorge dafür, dass das Nuklearabkommen mit dem Iran angemessen kontrolliert wird, oder das Vorgehen gegen Russlands feindliche Aktivitäten, sei es in der Ukraine, im Westbalkan oder im Cyberspace. Und in allen diesen Fällen hängt unser Erfolg von einer breiter angelegten Partnerschaft ab, die weit über die institutionellen Mechanismen der Zusammenarbeit innerhalb der EU hinausgeht. Das bedeutet, mehr für den Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten zu tun, wie ich es erfreulicherweise im vergangengen Monat beim britisch-französischen Gipfel mit Präsident Macron tun konnte.

Es bedeutet Ad-hoc-Gruppen zu bilden, die es uns ermöglichen, dem Terrorismus und Bedrohungen durch feindliche Staaten zu begegnen, wie wir das im Rahmen der 30 Mitglieder starken zwischenstaatlichen europäischen Antiterrorgruppe tun – der größte Zusammenschluss dieser Art weltweit.

Es bedeutet dafür zu sorgen, dass ein reformiertes NATO-Bündnis der Eckpfeiler unserer gemeinsamen Sicherheit bleibt.

Und ganz entscheidend bedeutet es, dass sowohl Europa als auch die Vereinigten Staaten ihre Entschlossenheit bekräftigen, die kollektive Sicherheit dieses Kontinents aufrechtzuerhalten und die demokratischen Werte zu verbreiten, die unseren Interessen zugrunde liegen.

Insgesamt werden wir nur durch die Stärkung und Vertiefung des gesamten Spektrums an Partnerschaften innerhalb Europas und darüber hinaus in der Lage sein, auf die sich verändernden Bedrohungen gemeinsam zu reagieren.

Was heißt das nun für die zukünftige Sicherheitspartnerschaft zwischen Großbritannien und der EU?

Wir brauchen eine Partnerschaft, die beides respektiert: die Entscheidungsautonomie der Europäischen Union und die Souveränität des Vereinigten Königreichs.

Das ist auf jeden Fall erreichbar. Die Gemeinsame Außenpolitik der EU ist ein besonderer Bereich innerhalb der EU-Verträge, und unser beider Außenpolitik wird sich stetig weiterentwickeln. Es gibt also keinen Grund, warum wir nicht besondere Vereinbarungen für unsere außen- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit in der befristeten Übergangszeit treffen sollten, wie es die EU-Kommission vorgeschlagen hat. Das würde bedeuten, dass zentrale Aspekte unserer künftigen Partnerschaft auf diesem Gebiet schon ab 2019 Geltung hätten.

Da, wo es nicht notwendig ist, sollten wir nicht abwarten. Und wenn die EU und ihre verbleibenden Mitgliedstaaten der Auffassung sind, Europas Beitrag zu unserer kollektiven Sicherheit könne am besten durch eine tiefere Integration gestärkt werden, dann werden wir uns bemühen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Und Ihnen dabei helfen, dies so zu tun, dass die NATO und auch unsere anderen Bündnisse dadurch gestärkt werden, wie die EU-Staats- und Regierungschefs schon verschiedentlich klargemacht haben.

Die Partnerschaft, die wir aufbauen müssen, ist also eine, die Großbritannien und der EU die Mittel und die Option gibt, unsere Kräfte zu bündeln, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen, wo immer dies in unserem gemeinsamen Interesse liegt.

Um dies so in die Praxis umzusetzen, dass wir den Bedrohungen begegnen können, denen wir alle heute ausgesetzt sind, und die Fähigkeiten ausbilden, die wir alle für morgen brauchen, sollten wir uns auf drei Bereiche konzentrieren.

Erstens: Auf der diplomatischen Ebene sollten wir die Möglichkeit haben, uns zu den globalen Herausforderungen regelmäßig zu konsultieren und uns abzustimmen, wie wir dort, wo wir die gleichen Interessen haben, unsere verfügbaren Instrumente einsetzen wollen. Insbesondere wollen wir weiter eng zusammenarbeiten, wenn es um Sanktionen geht. Wir werden bei unserem Austritt darauf achten, dass wir alle EU-Sanktionen übernehmen. Und wir werden alle stärker sein, wenn Großbritannien und die EU die Möglichkeit haben, bei Sanktionen weiter zusammenzuarbeiten und sie in Zukunft vielleicht sogar gemeinsam weiterzuentwickeln.

Zweitens: Es ist ganz eindeutig in unserem gemeinsamen Interesse, dass wir weiter in der Lage sind, Einsätze vor Ort zu koordinieren und umzusetzen.

Natürlich werden wir dabei weiter mit- und nebeneinander arbeiten.

Aber da, wo wir beide die größte Wirkung erzielen können, wenn Großbritannien seine beträchtlichen Fähigkeiten und Ressourcen mit und womöglich sogar über einen EU-Mechanismus zum Einsatz bringen kann, sollten beide Seiten dafür offen sein.

Bei der Verteidigung sollte gelten, dass da, wo die britischen und die EU-Interessen am besten vorangebracht werden können, indem Großbritannien weiter zu einer EU-Operation oder –Mission beiträgt, wie wir es bisher tun, dann sollten beide Seiten dafür offen sein.

Und auch bei der Entwicklungshilfe gilt: Großbritannien wird zwar künftig allein darüber entscheiden, wie wir unser gesamtes Hilfebudget einsetzen, aber wenn ein britischer Beitrag zu einem EU-Entwicklungsprogramm und –Instrument unseren gemeinsamen Interessen am besten zur Umsetzung verhilft, dann sollten beide Seiten dafür offen sein.

Aber wenn wir uns dazu entschließen, in dieser Weise zusammenzuarbeiten, dann muss Großbritannien die Möglichkeit haben, bei der Gestaltung unserer kollektiven Aktivitäten auf diesen Gebieten eine angemessene Rolle zu spielen.

Drittens: Es wird auch in unser aller Interesse liegen, weiter zusammenzuarbeiten bei der Entwicklung unserer Fähigkeiten – in Verteidigung, Cyber und Weltraum –, um möglichen künftigen Bedrohungen zu begegnen.

Großbritannien wendet fast 40 Prozent der gesamten europäischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Verteidigungsbereich auf. Diese Investition liefert einen beträchtlichen Anreiz für die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeiten wie auch der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Und das ist zu unser aller Vorteil.

Eine offene und inklusive Herangehensweise an die Entwicklung der Fähigkeiten in Europa, eine Herangehensweise also, die der britischen Rüstungsindustrie die volle Teilnahme ermöglicht, liegt in unserer aller strategischem Sicherheitsinteresse und hilft dabei, die Sicherheit der Bürger Europas zu gewährleisten und eine starke europäische Rüstungsindustrie zu erhalten.

Der Eurofighter ist ein hervorragendes Beispiel hierfür – eine Partnerschaft zwischen Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien, die für mehr als 10.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze in Europa gesorgt hat.

Das ist auch der Grund, warum Großbritannien die künftige Beziehung zum Europäischen Verteidigungsfonds und zur Europäischen Verteidigungsagentur vereinbaren will, so dass wir gemeinsame Forschung und Entwicklung betreiben können für die bestmögliche zukünftige Fähigkeit, die Europa aufbieten kann.

Der Cyberangriff „NotPetya“ im vergangenen Jahr hat gezeigt, warum wir auch eng zusammenarbeiten müssen, um unsere Interessen im Cyberspace zu schützen. Dieser rücksichtslose Angriff – den Großbritannien und seine Partner Russland anlasten – hat zahlreiche Organisationen in Europa außer Gefecht gesetzt und mehrere hundert Millionen Pfund an Schaden angerichtet.

Um mit einer wirklich globalen Bedrohung wie dieser fertig zu werden, brauchen wir eine wirklich globale Antwort – bei der nicht nur Großbritannien und die EU, sondern auch die Wirtschaft, die Verwaltung, gleichgesinnte Staaten und die NATO zusammenarbeiten, um unsere Fähigkeiten in Sachen Cyber-Sicherheit zu stärken.

Und in dem Maße, in dem sich unser Leben immer mehr online abspielt, werden wir auch immer abhängiger von Weltraumtechnologien. Der Weltraum ist ein Bereich wie jeder andere, in dem feindliche Akteure versuchen werden, uns zu bedrohen.

Deshalb begrüßen wir die Anstrengungen der EU sehr, Europas Fähigkeiten auf diesem Gebiet weiterzuentwickeln. Wir müssen uns alle Optionen offen halten, die Großbritannien und die EU in die Lage versetzen, möglichst effektiv zusammenzuarbeiten. Großbritannien ist Standort eines großen Teils der modernsten europäischen Weltraumkapazitäten, und wir haben beispielsweise bei der Entwicklung des Galileo-Programms eine führende Rolle gespielt.

Wir sind sehr daran interessiert, dies als Teil unserer neuen Partnerschaft weiterzuführen, aber wie in vielen anderen Bereichen auch müssen geeignete Vereinbarungen geschlossen werden, die es Großbritannien und seinen Unternehmen ermöglichen, sich auf einer fairen und offenen Basis zu beteiligen.

Schlussbemerkungen

Es war das tragische Massaker bei den Olympischen Spielen 1972 hier in München, in dessen Folge der britische Außenminister, Jim Callaghan, sich veranlasst fühlte, eine zwischenstaatliche Gruppe vorzuschlagen, die die europäische Antiterror- und Polizeiarbeit koordinieren sollte.

Damals stand diese Gruppe außerhalb der formalen Mechanismen der Europäischen Gemeinschaft. Aber mit der Zeit wurde sie zur Grundlage der Zusammenarbeit, wie wir sie heute in den Bereichen Justiz und Inneres haben.

Heute wie damals können – ja müssen – wir pragmatisch und praktisch denken und Vereinbarungen schaffen, die die Sicherheit unserer Bürger an erste Stelle setzen.

Denn unsere Beziehung ist eine dynamische, keine Reihe von Transaktionen. Eine Beziehung, die sich auf ein unerschütterliches Bekenntnis zu unseren gemeinsamen Werten stützt.

Eine Beziehung, in die wir alle investieren müssen, wenn es gilt, bei Bedrohungen, die vielleicht schneller entstehen werden, als wir es uns vorstellen können, reaktions- und anpassungsfähig zu sein.

Eine Beziehung, in der wir alle unseren vollen Beitrag dazu leisten müssen, unseren Kontinent sicher und frei zu erhalten und das transatlantische Bündnis und das regelbasierte System zu stärken, von denen unsere gemeinsame Sicherheit abhängt.

Diejenigen, die unsere Sicherheit bedrohen, hätten nichts lieber, als dass wir uns zersplittern. Sie sähen nichts lieber, als dass wir es wichtiger finden, Debatten über Mechanismen und Mittel zu führen, statt das zu tun, was am praktischsten und wirksamsten ist, um die Sicherheit unserer Bürger zu schützen.

Lassen Sie uns deshalb heute diese Botschaft laut und klar vernehmen: das werden wir nicht zulassen.

Gemeinsam werden wir unsere Werte in der Welt schützen und propagieren, und wir werden die Sicherheit unserer Bürger wahren, heute wie in künftigen Jahren.

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Veröffentlicht am 17 Februar 2018